Bestände effektiv reduzieren – Erträge & Liquidität steigern

„Nur mit hohen Beständen sind wir immer lieferfähig…“  Solche und ähnliche Überzeugungen sind nicht selten. Viele Unternehmen haben ein breites Artikelspektrum mit hoher und wachsender Variantenvielfalt bei gleichzeitig sinkenden Bestellmengen. Kundenwünsche werden immer differenzierter und die Komplexität steigt. Zudem fordert der Kunde eine schnelle, pünktliche und vollständige Lieferung.

Ist Bestandsaufbau die Lösung?

IST Situation

So kommt es, dass anstatt aus einem aktuellen Kundenbedarf von 90 Artikel letztlich 1000 Artikel produziert werden, weil der Produktionsleiter für die „paar Teile“ die Anlage nicht umrüsten lässt. Da das Umrüsten für eine solch kleine Menge  „unwirtschaftlich“ ist. Es werden in diesem Fall 910 Artikel auf Lager produziert, die auf absehbare Zeit keinen Umsatz erwirtschaften. Bei näherem Hinsehen hat die produzierte Menge eine Reichweite von ca. 3 Jahren, mit dem Risiko der Unverkäuflichkeit (Verschrottung), weil der Artikel nach 2 Jahren nicht mehr nachgefragt wird bzw. sich die Artikelvariante ändert.

Nach Meinung des Produktionsleiters war dies eine gute Entscheidung, weil er seine Anlage länger produzieren lassen kann, dadurch einen besseren Nutzungsgrad erzielt („unsere Maschinen müssen laufen“) und letztlich eine bessere Produktivitätskennzahl erreicht, nach der er schließlich gemessen wird. Als Einzeloptimum gesehen hat der Produktionsleiter vielleicht richtig gehandelt.

Aber stimmt das Gesamtoptimum?

Wirkung

Denkt man die Planungssystematik der Lagerlosgrößen zu Ende, hat diese Strategie weitreichende Wirkungen:

Enorme Bestände werden aufgebaut und man ist trotzdem nur bedingt lieferfähig, weil eben die

  • Artikel, die im Moment benötigt werden oft nicht am Lager verfügbar sind.
  • Bestand kann (momentan) nicht zu Umsatz gemacht werden.
  • Kapital wird in erheblichem Maße gebunden, Liquidität und Ertragskraft sinken.
  • Da viele Anlagen u. a. mit der Produktion von Lagerlosgrößen belegt sind, sinkt der Durchsatz an fakturierbaren  Aufträgen (= unmittelbarer Umsatz), bei denen aktuelle Bestellungen vorliegen.
  • Durchlaufzeiten und Wartezeiten steigen, Flexibilität und Lieferservicegrad sinken.
  • Transparenz nimmt ab: die Produktion ist oft überfüllt mit Umlaufbeständen
  • Zusätzliche Lagerfläche wird benötigt und evtl. muss ein teures Hochregallager gebaut werden.
  • etc.

Fakt ist: Bestände kosten Geld. Viel Geld. In unseren Beständen steckt gebundene Wertschöpfung (Rohstoffe, Mitarbeiterressourcen, Maschinenlaufzeiten, Transportkosten, Flächen- / Raumkosten, etc.). Für all diese Kosten treten wir in Vorleistung. Für diese Leistung wird im Moment kein Umsatz erwirtschaftet. Kapital für evtl. notwendige Neuinvestitionen ist in diesen Beständen gebunden.

Szenario 1: Lange Rüstzeiten – (Lager-) Losgrößen erhöhen — Bestände aufbauen

Die Losgrößen aktueller Kundenaufträge werden sukzessive um Lagerlosgrößen erhöht um den Nutzungsgrad der Anlagen zu steigern und um (vermeintlich) die Lieferfähigkeit zu verbessern.

Wirkung: Das System wird träge

  • Lagerbestände steigen (Hohe Kapitalbindung und Liquiditätsverlust)
  • Durchlaufzeiten erhöhen sich.
  • Flexibilität und der Durchsatz (Umsatz) je Periode sinkt.
  • Wartezeiten entstehen für aktuelle (fakturierbare) Kundenaufträge, die nun  evtl. in Terminverzug geraten.

Paradigmenwechsel

Sollten wir Produktionskapazitäten nutzen um (Sicherheits-) Bestände aufzubauen, die erfahrungsgemäß dann doch meist nicht den aktuellen Bedarf abdecken? Oder sollten wir durch zusätzliche Rüstvorgänge die aktuellen und fakturierbaren Kundenbestellungen (kleine Losgrößen) zeitnah befriedigen und damit flexibel produzieren ohne (größere) Lagerbestände aufzubauen.

Durch häufigere Rüstvorgänge können wir die Kapazitäten zielgenauer auf den Kundenbedarf ausrichten anstatt auf Lager zu produzieren.

Durch die Entwicklung hocheffizienter Rüstprozesse können Umrüstvorgänge in kurzer Zeit erheblich reduziert werden. Halbieren wir unsere Rüstzeiten an den Engpässen,  sind wir in der Lage häufiger zu rüsten und kleinere Losgrößen zu ermöglichen, um somit die Flexibilität gegenüber den Wünschen der Kunden zu steigern.

Szenario 2:  Kurze Rüstzeiten – Erhöhung der Rüstfrequenz – Kleinere Lose –  Bestände senken

Wirkung: Das System wird agiler

  • Bestände werden reduziert und zugleich wird die Liquidität deutlich verbessert.
  • Durchlaufzeiten sinken und der Durchsatz an aktuellen Kundenaufträgen (Umsatz) steigt.
  • Wartezeiten werden reduziert: Flexibilität, Lieferfähigkeit und Lieferservicegrad steigt
  • Interne Transportkosten, Verschrottungsquoten und Lagerkosten sinken

Das Ziel eines jeden Unternehmens ist es Geld zu verdienen. Deshalb stellt sich die Grundsatzfrage: Welcher Ansatz führt zu höherem Umsatz, abnehmenden Kosten und letztlich zu mehr Gewinn?

Zukünftig wird die Fähigkeit Kundenbedarfe zielgenau, flexibel und schnell zu erfüllen ohne dabei größere Lagerbestände aufzubauen immer wichtiger werden. Zum Erreichen dieses Wettbewerbsvorteils spielen kurze Rüstzeiten und schnelle Auftragswechsel eine wesentliche Rolle.

Bestände effektiv managen

Um Lagerbestände marktsynchron zu steuern, muss neben einer passenden Produktionssteuerungsstrategie auch ein intelligentes und dynamisches Bestandsmanagement implementiert werden.

Einige Kernfragen, die sich im Bereich Bestände und Vorräte stellen:

  • Bestandssituation: Wie hoch sind unsere aktuellen Bestände und Bestandswerte?
  • Welches sind die Bestandstreiber? – Wo liegen die Bestandssenkungspotenziale?
  • Wird nach festen Zyklen eine systematische Bereinigung des Artikelspektrums durchgeführt?
  • Ist das Artikelspektrum nach Verbrauchswerten und Verbrauchsschwankungen klassifiziert (ABC/XYZ)?
  • Ist hieraus eine zielgenaue Dispositionssystematik abgeleitet?
  • Sind Zielreichweiten und Lieferservicegrade der Artikel festgelegt und werden diese regelmäßig überprüft und angepasst?
  • Werden die Parameter (Wiederbeschaffungszeit, Sicherheitsbestände /-zeiten, Dispositionsparameter) zyklisch überprüft, mit dem Vertrieb (Markt) abgestimmt und dynamisch angepasst?
  • Ist ein entsprechendes Regelwerk zur Steuerung der Bestände festgelegt?

Bei Fragen zu den Themen „Rüstzeiten halbieren und „Bestände reduzieren stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung (06887 / 887921)